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Warum regenerative Landwirtschaft Kritik erntet

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Regenerative Landwirtschaft ist ein Thema, welches weltweit immer mehr Anklang findet und sowohl bei Landwirten als auch bei Verbrauchern und Konzernen Interesse weckt. Teilweise wird die regenerative Landwirtschaft bereits als „das bessere Bio“ bezeichnet. Doch was genau ist eigentlich regenerativ an dieser Form der Landwirtschaft? Welche Vorteile bietet sie beim Umweltschutz, aber auch für Verbraucher und Landwirte? Warum ist regenerative Landwirtschaft Kritik ausgesetzt? Auf diese Fragen erhalten Sie hier Antworten.

Was versteht man unter regenerativer Landwirtschaft?

Im Zentrum der regenerativen Landwirtschaft steht das Bestreben, die Regeneration des Bodens mit natürlichen Mitteln zu stärken. Das gelingt durch den Humusaufbau, welcher jedoch viel Zeit und kontinuierliche Bemühungen erfordert. Biodiversität und die Optimierung der Wasseraufnahme von landwirtschaftlich genutzten Böden sind ebenfalls wichtige Themen in dieser Sparte der Landwirtschaft. Verzichtet werden soll hingegen auf künstliche Dünger und Pestizide, da sie die Natur nachhaltig schädigen und zum Artensterben in der Tierwelt beitragen.
Neu ist die Methode der regenerativen Landwirtschaft allerdings nicht. Sie wurde bereits in den 70er Jahren in den USA von Robert Rodale entwickelt und findet seitdem zunehmend Anklang. Das beschränkt sich schon lange nicht mehr auf die USA. Auch in Deutschland wird bereits seit vielen Jahren in kleinem Maßstab regenerative Landwirtschaft betrieben. Großkonzerne wie Nestlé und Pepsico haben dieses Thema ebenfalls in ihre unternehmensinterne Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen. Mit zunehmendem Interesse erntet regenerative Landwirtschaft Kritik aus verschiedenen Richtungen, über die Sie später in diesem Artikel mehr erfahren.

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Zwischensaaten und Untersaaten als wichtige Methode

Eine wichtige Methode der regenerativen Landwirtschaft ist die Nutzung von Zwischen- und Untersaaten. Dadurch soll die Bodendeckung verlängert werden, was wiederum die Bodenqualität steigert und dessen Aufnahmefähigkeit für Wasser verbessert. Bestenfalls lässt sich dadurch auch die notwendige Bodenbearbeitung reduzieren. Für solche Zwischen- und Untersaaten kommen beispielsweise Klee, Senfsaat und Lupinen in Frage.

Komposttee und Rottelenker in der regenerativen Landwirtschaft

Um den Humusaufbau des Bodens zu stärken, setzen Ökobauern und andere Landwirte zudem auf Rottelenker. Dabei handelt es sich um einen vergorenen Sud, der aus Gartenkräutern und Ackerkräutern gewonnen wird. Dieser Sud gelangt auf die Felder, wenn die Zwischenfrucht ausgebracht wird. Ähnlich verhält es sich mit so genanntem Komposttee. Für die Herstellung von Komposttee werden die in Kompostmaterial vorkommenden Mikroorganismen in einer Mischung aus warmer Melasse und Wasser vermehrt. Anschließend wird die Mischung ähnlich wie ein Dünger auf das Feld aufgebracht.

Die Vor- und Nachteile der regenerativen Landwirtschaft

Den Wert und das Zukunftspotential der regenerativen Landwirtschaft als Form der Landnutzung erkennt man beim Blick auf ihre Vorteile und Risiken. Inzwischen wird an regenerativer Landwirtschaft Kritik laut, welche sich unter anderem auf den Mangel an Studien, einheitlichen Standards und das hohe Risiko für Landwirte bezieht.

Vorteile regenerativer Landwirtschaft

Mit Blick auf den Klimawandel bietet die regenerative Landwirtschaft einen entscheidenden Vorteil: Sie steigert die CO2 Aufnahme des Bodens durch den Humusaufbau. CO2 gehört zu den wichtigen Faktoren im Kampf gegen den Klimawandel, die globale Erwärmung und damit verbundene Naturkatastrophen. Aufgrund der großen Menge landwirtschaftlich genutzter Flächen in Deutschland und vielen weiteren Ländern der Welt steckt hier ein Potential, welches keinesfalls vernachlässigt werden sollte.

Humusreiche Böden mit einer bestenfalls ganzjährigen Bodendeckung sind deutlich resistenter gegenüber Wetterphänomenen. Sie verfügen über einen natürlichen Erosionsschutz und bieten in Trockenzeiten eine bessere Wasserverfügbarkeit. Hinzu kommt, dass diese Böden bei Starkregen mehr Wasser aufnehmen können, wodurch schädliche Staunässe und Überflutungen von Ackerflächen mit daraus resultierenden Ernteausfällen vermieden werden. Das schafft Sicherheit für Landwirte, die zunehmend mit den Folgen des Klimawandels konfrontiert werden. Außerdem ist ein reichhaltiger Boden der Lebensraum zahlreicher Tiere und kleinster Organismen, was wiederum die Biodiversität fördert und die Artenvielfalt positiv beeinflusst.

Ein weiterer Vorteil ist der Ansatz, dass in der regenerativen Landwirtschaft weitestgehend auf Düngemittel mit chemischen Inhalten sowie Pestizide verzichtet werden soll. Wenn auf Äckern weniger chemische Mittel zum Einsatz kommen, schützt das die Artenvielfalt gerade im Bereich der Insekten. Auch der Pflanzenschutz kann auf diese Weise unterstützt werden.

Risiken dieser Ackerbaumethode

Neben der Beleuchtung der Vorteile lohnt sich auch ein Blick darauf, warum an regenerativer Landwirtschaft Kritik geübt wird. Zwar kann Humusboden CO2 binden, allerdings ist das nicht so einfach wie es sich zunächst anhört. Der Humusaufbau ist ein langfristiger Prozess, welcher Landwirten viel Arbeit abverlangt. Bisher wird CO2 in Böden nur sehr kurzfristig gebunden, denn ein Großteil gelangt wieder in die Atmosphäre. Um das zu verbessern, bedarf es großer Anstrengungen. Außerdem gibt es eine Sättigungskurve bei der CO2 Aufnahme in Böden. Sobald diese erreicht ist, trägt auch ein weiterer Humusaufbau nicht zu mehr Einspeicherung von CO2 im Boden bei. Das dürfte jedoch erst mittelfristig zum Thema werden, denn bisher kommen nur sehr wenige landwirtschaftlich genutzte Böden an diese Sättigungskurve heran.

Mangelnde Studien

Kritiker bemerken zudem, dass es bisher kaum aussagekräftige Studien zur Wirksamkeit der Methoden in der regenerativen Landwirtschaft gibt. Zwar widmeten sich in der Vergangenheit Experten der Untersuchung der Wirksamkeit von Komposttee und Rottelenker, die Studienergebnisse sind jedoch teilweise widersprüchlich und teilweise nicht aussagekräftig. Der Mangel an Studien und nachweislich wirksamen Strategien führt auch zur Zurückhaltung bei Landwirten. Schließlich tragen sie das volle Risiko bei einer Umstellung ihrer Verfahren. Die Unsicherheit für Landwirte lässt sich auch an anderer Stelle als Kritikpunkt anbringen.
Entscheiden sich Ökobauern oder konventionelle Landwirte für einen Umstieg auf die regenerative Landwirtschaft, tragen sie das wirtschaftliche Risiko derzeit ganz alleine. Für das Ausbringen einer Zwischensaat muss beispielsweise Saatgut gekauft werden. Eine solche Zusatzinvestition zahlt sich jedoch nicht zwingend sofort aus und verschärft dadurch die ohnehin angespannte Lage von Landwirten. Auch der Umstieg auf neue Arbeitsgeräte wie beispielsweise einen Kompakttraktor für den Ackerbau ist mit hohen Investitionen verbunden. Einigen Landwirten fehlt hierfür schlichtweg das Kapital. Fördermöglichkeiten werden innerhalb der EU bisher kaum angeboten.

Der Ruf nach Siegeln

Aktuell sind weder einheitliche Standards für die regenerative Landwirtschaft erarbeitet, noch gibt es Siegel, welche ihre Erzeugnisse erkennbar machen. Der Mehraufwand der Landwirte muss sich im Verkaufspreis von Lebensmitteln niederschlagen. Um hier eine Akzeptanz unter den Verbrauchern zu erreichen, bedarf es jedoch bekannter Siegel. Es gibt mittlerweile erste Bemühungen, entsprechende Siegel zu entwickeln und auf dem Markt zu etablieren. Sie würden für Verbraucher einen hohen Mehrwert bieten, da diese anhand verbreiteter Siegel Produkte aus regenerativer Landwirtschaft im Lebensmittelhandel erkennen könnten. Auf diese Weise ließe sich für Landwirte ein höherer Preis für solche Produkte erzielen, was wiederum als Investition in die weitere Umstellung der Betriebe fließen kann.

Fazit

Die regenerative Landwirtschaft ist einerseits für Landwirte und andererseits für Verbraucher sowie im Kampf gegen den Klimawandel ein spannendes und zukunftsträchtiges Feld. Bisher fehlt es jedoch an einheitlichen Standards und einer Möglichkeit für Verbraucher, Erzeugnisse aus regenerativer Landwirtschaft zu erkennen. Hier ist auch die Politik gefragt, schließlich darf das Risiko einer Umstellung auf diese Form des Ackerbaus nicht alleine auf den Schultern der Landwirte lasten.