Theater ist mehr als ein Ort, an dem Menschen zusammenkommen und sich gemeinsam ein Stück ansehen. Es ist ein Ort der Unterhaltung, der Bildung, der Emotionen. Theater hält uns den Spiegel vor, gibt Denkanstöße, erweitert den Horizont, bereitet den Weg für gesellschaftliche Veränderungen. Lesen Sie hier, wie Theater entstanden ist und wie es sich im Lauf der Geschichte entwickelt hat.
Die Ursprünge des Theaters
Die Geschichte des Theaters beginnt vor mehr als 4000 Jahren in der Antike. Im antiken Ägypten fanden Aufführungen mit Tanz, Musik und Gesang, Pantomime und Dialog in Tempeln statt. Sie dienten der Ehrung der Götter.
Im antiken Griechenland hat das abendländische Theater seine Wurzeln. Ab dem 6. Jahrhundert vor Christus fanden Theateraufführungen zu Ehren des Weingottes Dionysos statt. Im Wechsel traten ein Chor und Schauspieler auf. Im 5. Jahrhundert vor Christus erlebte das Theater in Griechenland seine Blütezeit mit den erfolgreichen Tragödien der Dichter Aischylos, Sophokles und Euripides und den beliebten Komödien von Kratinos und Aristophanes. Es gab mehrtägige Tragödien- und Komödienwettbewerbe. Freilufttheater für große Zuschauermengen wurden gebaut.
Theater im römischen Reich
Das römische Theater orientierte sich stark am griechischen Vorbild. Im Jahr 240 v. Chr. wurden zum ersten Mal je eine griechische Tragödie und eine griechische Komödie aufgeführt – in lateinischer Sprache und an römische Verhältnisse angepasst. Die Römer begeisterten sich schnell für die neue Form der Unterhaltung. Besonders beliebt beim Volk war die Komödie. Einer der bekanntesten Komödiendichter war Plautus, der um 250 v. Chr. geboren wurde. Im 1. Jahrhundert v. Chr. wurde in Rom das erste feste Theater aus Stein gebaut. Bis dahin gab es nur Holzbühnen und -tribünen, die wieder abgebaut wurden.
Mittelalterliches Theater
Mit dem Untergang des Römischen Reiches folgte in Europa ein halbes Jahrtausend ohne Theater. Die Kirche verdammte das Theater als Stätte der Sünde. Im 10. Jahrhundert wurde das Theater wiederentdeckt.
Die Theaterstücke im Mittelalter behandelten religiöse Themen: Das Leben von Heiligen und biblische Geschichten. Im 10. Jahrhundert entstanden aus der christlichen Liturgie heraus geistliche Spiele: Passionsspiele, Weihnachtsspiele, Heiligen- und Legendenspiele.
Die Rolle der Kirche im mittelalterlichen Theater
Mit dem geistlichen Spiel verfolgte die Kirche das Ziel, dem Publikum biblische Geschichten nahezubringen und Sündenbewusstsein und Bußbereitschaft zu stärken. Die Aufführungen fanden im Kirchenraum oder im Freien auf dem Kirchplatz statt.
Für weltliche Unterhaltung sorgten im Mittelalter die Spielleute. Sie zogen von Ort zu Ort und boten als Schausteller auf Jahrmärkten oder in Wirtshäusern ihre Künste als Zauberkünstler, Gaukler, Akrobaten, Musiker, Tänzer und Schauspieler dar.
Renaissance und das elisabethanische Theater
Die Renaissance im 15. und 16. Jahrhundert brachte die Rückbesinnung auf die Ideale der Antike. Das Theater der Renaissance knüpft an die Theatertradition der griechischen Antike an. Antike Tragödien und Komödien wurden wieder aufgeführt und neue Stücke nach griechischem Vorbild geschrieben.
Das elisabethanische Theater und William Shakespeare
In England erlebte das Theater während der Regierungszeit von Königin Elisabeth I. von 1558 bis 1603 einen enormen Aufschwung. Die Theaterleute standen im Dienst Hofes und hatten somit einen abgesicherten Lebensunterhalt. Das Elisabethanische Zeitalter brachte Dramatiker wie Robert Greene, Ben Jonson, Christopher Marlowe und William Shakespeare hervor. William Shakespeares Stücke wie „Macbeth“, „Romeo und Julia“ oder „Hamlet“ werden noch heute aufgeführt.
Die Bedeutung von Theatergebäuden wie dem Globe Theatre
In London wurden feste Theatergebäude errichtet – darunter das Globe Theatre, an dem die meisten Bühnenstücke von William Shakespeare uraufgeführt wurden. Das Besondere am Globe Theatre ist der Bühnenaufbau aus drei Bühnenelementen: der Vorderbühne, die in den Zuschauerraum hineinragt und von drei Seiten eingesehen werden kann, der guckkastenartigen Hinterbühne und der Oberbühne, die man zum Beispiel als Balkon nutzen konnte. Dieser Bühnenbau ermöglicht vielfältige Aufführungsmöglichkeiten und einen direkten Kontakt zwischen den Schauspielern und dem Publikum.
Das Theater des Barock und der Aufklärung
Der Renaissance folgte zwischen 1600 und 1770 die Epoche des Barock. Sie war geprägt von einer absolutistischen Gesellschaftsordnung mit einem uneingeschränkten Herrscher.
Etwa ab 1720 setzte die Epoche der Aufklärung ein, die bis 1785 andauerte. Für die Vertreter der Aufklärung war die Vernunft die Richtschnur des Verhaltens.
Im 17. Jahrhundert breitete sich das Hoftheater an den europäischen Höfen aus. Das Theater wurde vom Hof finanziell unterstützt. Es diente der Repräsentation des Hofes. Zur Aufführung kamen vor allem Stoffe aus der Antike. Ab Ende des 16. Jahrhunderts verbreitete sich von Frankreich aus das Ballett, von Italien aus die Oper an den europäischen Höfen und bereicherte das Theater.
Theater im Zeitalter der Aufklärung und der französischen Revolution
Das Zeitalter der Aufklärung im 18. Jahrhundert stellte den Absolutismus und die Feudalherrschaft in Frage. Über das Medium Theater wurde aufklärerisches Gedankengut transportiert. In Deutschland schrieben große Dichter wie Johann Gottfried Gottsched und Gotthold Ephraim Lessing bedeutende aufklärerische Theaterstücke. In Frankreich wurde Voltaire durch seine aufklärerischen Schriften und Dramen ein Wegbereiter der Französischen Revolution.
Das 19. Jahrhundert und die Romantik
Die Romantik im 19. Jahrhundert war eine Gegenbewegung zu der vernunftorientierten Aufklärung. Sie betonte stattdessen die Emotionen und die Intuition, die Rückbesinnung auf das Mittelalter und die Hinwendung zur Natur.
Das bürgerliche Trauerspiel befasste sich mit dem Schicksal von Personen des bürgerlichen Standes. Die ersten deutschen bürgerlichen Trauerspiele wurden bereits im 18. Jahrhundert uraufgeführt: Lessings „Miss Sara Sampson“ (1755) und „Emilia Galotti“ (1772) sowie Schillers „Kabale und Liebe“ (1784). Hebbels „Maria Magdalena“ (1843) gilt als das letzte deutsche bürgerliche Trauerspiel.
Die romantische Komödie
Die Komödien der Romantik entführten das Publikum in eine Welt zwischen Realität und Phantasie und spielten gern mit Täuschung und Verwirrung. Typische Beispiele sind die Stücke „Der gestiefelter Kater“ (1797) und „Die verkehrte Welt“ (1798) von Ludwig Tieck. Mit dem Rückzug in Phantasiewelten wendeten die Romantiker sich gegen gesellschaftliche Veränderungen wie das reine Nützlichkeitsdenken der beginnenden Industrialisierung und die Verstandesorientierung der aufstrebenden Naturwissenschaften.
Das 20. Jahrhundert und die Moderne
Im 20. Jahrhundert entwickelten sich neue Formen des Theaters. Im frühen 20. Jahrhundert existierten mehrere literarische Bewegungen nebeneinander. Zusammengefasst werden sie unter dem Begriff Avantgarde. Die Epoche der Avantgarde lehnte die Tradition ab und hatte eine Erneuerung der Gesellschaft wie auch der Kunst zum Ziel. Zur Avantgarde zählen unter anderem der Expressionismus und der Surrealismus.
Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts war stark geprägt durch wirtschaftliche und politische Krisen. Zwei Weltkriege erschütterten die Menschen und veränderten die Gesellschaft. Auf den Theaterbühnen wurden politische Themen aufgenommen und gedeutet.
Das postmoderne Theater ab den 1990er Jahren stellt etablierte Theaterkonventionen in Frage. Es nutzt neue Techniken, lädt das Publikum zur Interaktion ein und löst sich von linearen Erzählweisen.
Theater weltweit
Theater gibt es in so ziemlich allen Kulturen und Regionen der Erde. Das europäische Theater hat die längste Geschichte, doch weltweit sind große Theaterkulturen entstanden. Bezogen auf die ganze Welt hat Theater eine spannende Vielfalt an künstlerischen Formen und Traditionen hervorgebracht.
Medienentwicklung und Migrationsprozesse führen zu einem intensiven Austausch verschiedener Kulturen. Die unterschiedlichen Theatertraditionen verschiedener Kulturen und Regionen verbinden sich und führen zu neuen Formen. Zahlreiche internationale Theaterfestivals bieten Theaterschaffenden aus aller Welt die Möglichkeit, sich auszutauschen und gegenseitig zu inspirieren.
Zukunft des Theaters
Das Theater wird in Zukunft Aspekte wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung aufgreifen und integrieren. Obwohl Theater von seiner Grundidee her ein analoges Medium ist, wird die Digitalisierung auch das Theaterschaffen verändern. Einen Schub in diese Richtung brachte die Pandemie: Als die Theater geschlossen waren, wurden Vorstellungen gestreamt.
In unserer zunehmend multikulturellen Gesellschaft übernimmt das Theater eine verbindende Funktion. Es greift thematisch gesellschaftliche Konflikte auf und fördert das Verständnis und die Aufgeschlossenheit für die Vielfalt der Gesellschaft. Im Theater kommen Menschen unterschiedlicher Herkunft zu einem gemeinsamen Erlebnis zusammen, das die Zusammengehörigkeit stärkt.
Die rasche Weiter- und Neuentwicklung von Technologien eröffnet dem Theater ein immer breiteres Repertoire an visuellen Effekten, virtuellen Möglichkeiten, Bühnentechniken sowie an Interaktionsmöglichkeiten mit dem Publikum.
Fazit
Die Geschichte des Theaters steht stets im Wechselspiel mit den gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen der verschiedenen Epochen. Von den Anfängen, dem Theater der griechischen Antike, bis zur Gegenwart hat Theater sich immer wieder gewandelt und neue Formen entwickelt. Stets war Theater ein Ort, der Menschen zusammenführte, Emotionen bewegte, Unterhaltung bot und gesellschaftliche Impulse gab.
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